und dann schaust du herum und bemerkst, dass sich nichts verändert hat. es steht einfach eine andere zahl vorn und dahinter erhebt sich eine null. du bist nun dreißig, das leben ist noch lange nicht vorbei. oft hast du gedacht, dass es mit dreißig enden wird - aber das tat es nicht. das findest du weder bemerkenswert, noch langweilt es dich. du nimmst es hin, hast eh keine andere wahl. du kannst das neue alter viel besser im dunkeln tippen. auf dem numpad liegen die null und die drei näher beieinander als die 2 und die neun. es geht einfacher von der hand und knackt nicht. ein gebrechen weniger. seit dich das neue jahrzehnt heimsuchte, hast du das gefühl, dass dein stuhl fester geworden ist. ein pluspunkt.
ich war in köln. habe dort in meinen geburtstag gefeiert. mit mark. ich wollte nach london oder an das ende der welt. so waren jedenfalls damals meine gedanken. daheim wollte ich nicht sein, wenn ich dreißig werde. hatte keine angst vor menschen, die mir kronkorken vor die füße werfen und mich zwingen, dass ich fegen soll. ich wollte einfach nicht daheim sein. so wie silvester. da möchte ich in paris sein. oder london. oder bielefeld. irgendwo. möchte etwas neues sehen und erleben. fern von zuhause. ein wunsch, den es zu erfüllen gilt.
oft möchte ich woanders sein. jetzt auch. möchte auf einer grünen wiese liegen und laut aus meinem tagebuch vorlesen. sabine würde lauschen und sich noch etwas nektar eingießen. ihre blonden haare würden über ihre schultern fallen und ihr liebliches gesicht würde der natur lauschen. würde. würde. würde. die würde. hach, würdevoll. ich möchte würdevoll mit sabine, wer auch immer sie ist, auf dieser wiese sitzen und kultur erleben. wir sähen der sonne bei ihrem spiel zu. die freude stünde uns im gesicht geschrieben. sabine buk einen furiosen kuchen mit ganzen mandeln. vierstöckig. eine hochzeitstorte sollte es werden. seit geraumer zeit tut sie das täglich, denn irgendwann könnte ihr traummann vor der tür stehen und um ihre hand anhalten. dann wäre es toll, hätte man eine hochzeitstorte zur hand. sabine kündigte eins ihre zahlreichen jobs, um täglich backen zu können. eine lebensaufgabe. doch niemand wird sie jemals heiraten.
ich möchte mir graue schläfen färben. und kleine effekte in den bart einbinden. kann es kaum erwarten, dass sich die haare von allein entfärben. schön muss es sein, wenn das haar von allein damit beginnt, nicht mehr färben zu wollen. wenn sich die pigmente verabschieden. wir, die pigmente, haben nach all den jahren keine motivation mehr. wir geben auf. wir resignieren. mach, was du willst, aber wir sind weg. würden sie sagen, könnte man sie hören, doch sie sprechen ihre eigene sprache. die sprache der pigmente. so wird mein buch heißen.
mir ist heiß. mir ist seit tagen ständig heiß. kaum öffne ich das fenster, friere ich. dann schließe ich es und bin dermaßen angestrengt, dass ich es wieder öffne, da ich abermals schwitze. ein teufelskreis. und gott lacht in seinen weißen bart und kugelt sich. was kugelst du dich? hast du dich nicht schon genug gekugelt? geh endlich deiner arbeit nach.
der alltag ist schnell zurückgekehrt. tapetenwechsel tat mir gut. doch nun bin ich wieder im alten trott. und so richtig gut geht es mir nicht. ich brauche eine person um mich herum. sabine, wo ist der kuchen? backe um dein leben. lass uns heiraten, du fiktives luder.
eine person. wie schön das wäre. eine person für mich ganz allein. ihre haare würde ich mehrmals am tag striegeln und mit weidenkätzchen schmücken. wie schön du wärst. deine sanfte haut würde ich mit den feinsten ölen dieser welt salben, du wärst könig meiner kranken welt. eine robe aus schweinefett. eine scherpe aus eigenfleisch. eine krone aus zorn.
für heute bewege ich mich nicht mehr. ich bleibe hier sitzen und schieße später noch auf menschen. danach führt mich der weg direkt ins bett. vorher noch amerikanische cremes auftragen und die amerikanische zahnpasta auf die zähne auftragen. seitdem sind meine zähne viel heller. wahrscheinlich durch die einbildung oder die altersdemenz.
--- Montag, 21. Juli 2008, 22:10h in der abteilung: heimseite